Mittlere Fördergeschwindigkeit
Die mittlere Fördergeschwindigkeit vF eines Fördergutes ist ein Maß für dessen Transportgeschwindigkeit. Sie ist eine wichtige Kenngröße, die zur Planung und Dimensionierung von Vibrationsfördersystemen und deren Peripheriegeräten notwendig ist. Der Begriff „mittlere“ Fördergeschwindigkeit wird in dieser Arbeit bewusst verwendet, um zu verdeutlichen, dass die tatsächliche Gutgeschwindigkeit periodischen Schwankungen unterliegt. Für den Anwender sind diese mit der Betriebsfrequenz eines Vibrationsförderers periodischen Schwankungen meist nicht von Bedeutung, da lediglich interessiert, in welcher Zeit ein Fördergut von Ort A nach Ort B gefördert wird. Genau dies entspricht der durchschnittlichen bzw. resultierenden mittleren Fördergeschwindigkeit.
Die unter Bewegungen / Zustände beschriebenen Gleichungen zur Modellierung des Vibrationsfördervorgangs liefern als Ergebnis den zeitlich periodischen Verlauf der Wegkoordinaten des Fördergutes. Die Position des Fördergutes kann also entweder durch die Relativkoordinate ξ(t) oder durch die Absolutkoordinate px(t) und γ beschrieben werden, wobei deren Ableitungen den gesuchten Geschwindigkeitsverläufen entsprechen. Diese Verläufe sind einerseits von der Bewegungsvorgabe des Förderorgans x(t) , y(t) und andererseits von den gewählten Anfangsbedingungen (Startposition und Startgeschwindigkeit) des Fördergutes abhängig. Da sich die Bewegung des Förderorgans mittels periodischer Funktionen beschreiben lässt, liefern die Bewegungsdifferentialgleichungen als Lösung ebenfalls periodische Funktionen mit der Periodendauer T .
Nach einer endlichen Zeit tstat stellt sich unabhängig von den gewählten Anfangsbedingungen ein stationärer Zustand ein, der dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Verlauf von dξ(t)/dt periodisch wiederholt bzw. nur noch geringfügig ändert. Zur numerischen Auswertung ist es sinnvoll, dieser Änderung einen Schrankenwert stat ε zuzuordnen, der das Erreichen des stationären Zustandes definiert.
In der folgenden Abbildung sind beispielhaft zwei Verläufe von dξ(t)/dt dargestellt, die als Lösungen der Bewegungsgleichungen aus dem Abschnitt Bewegungen / Zustände für bestimmte Förderorganbewegungen und Anfangsbedingungen numerisch ermittelt wurden. Die Abbildung zeigt linksseitig den Zustand der reinen Gleitförderung eines Gutes. Dieses Gut besitzt zu Beginn des Fördervorganges eine Anfangsgeschwindigkeit, die größer als die aus der Förderorganbewegung resultierende mittlere Fördergeschwindigkeit ist. Die Hüllkurve kennzeichnet den Bereich des Abklingens der partikulären Lösung der Differentialgleichungen (in diesem speziellen Fall den Abbau der Anfangsbedingungen). Im stationären Zustand lässt sich schließlich die resultierende mittlere Fördergeschwindigkeit bestimmen.
Die rechtsseitige Abbildung veranschaulicht einen Förderprozess, bei dem das Gut zwischen Haft- und Gleitzustand wechselt. Das Abklingen der Anfangsbedingungen ist hier bereits erreicht, sobald das Gut erstmalig zum Liegen kommt. Die resultierende mittlere Fördergeschwindigkeit lässt sich dadurch in wesentlich weniger Bewegungszyklen bestimmen.
Beim Erreichen des stationären Zustandes kann die mittlere Fördergeschwindigkeit vF allein durch die Betrachtung einer Bewegungsperiode angegeben werden mit:
Da die gesuchten Verläufe dξ(t)/dt numerisch ermittelt werden, ist es notwendig, dem Berechnungsalgorithmus ein bestimmtes Intervall mit den Grenzen t0 und tE bzw. eine Simulationszeit vorzugeben, in dem eine Lösung berechnet werden soll. Wird innerhalb dieses Intervalls der durch stat ε definierte stationäre Zustand nicht erreicht, muss entweder das Intervall vergrößert oder eine Näherungslösung für die mittlere Fördergeschwindigkeit angegeben werden. Praktisch kann davon ausgegangen werden, dass ein Fördergut immer einen bestimmten Weg in einer bestimmten Zeit zurücklegt und dass eine Näherungslösung meist völlig ausreichend ist. Um in solchen kritischen Fällen ebenfalls zu einer aussagekräftigen Lösung zu gelangen, soll die mittlere Fördergeschwindigkeit als Mittelwert über mehreren Bewegungsperioden angegeben werden.
Mit Hilfe der dargestellten Vorschriften ist es nun möglich, aus den numerisch berechneten Verläufen dξ(t)/dt bzw. ṗx(t) wenigstens eine gute Näherung für die mittlere Fördergeschwindigkeit anzugeben. Damit lässt sich jeder beliebigen Bewegungsform eines Förderorgans, die über eine trigonometrische Reihe in ausreichender Näherung dargestellt werden kann, eine bestimmte resultierende mittlere Fördergeschwindigkeit zuordnen.